Reife Leistung: Arbeiten mit 50 plus

Die Zahl der älteren Erwerbstätigen steigt ständig. Im Jahr 2016 waren zwei Drittel der Deutschen zwischen 55 und 64 noch berufstätig – zehn Jahre zuvor waren es nur etwa 50 Prozent gewesen. Von den 65- bis 69-Jährigen stehen derzeit noch 16,1 Prozent in Arbeit – mehr als doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Langfristiges Ziel der Regierung: Die Quote von Schweden. Dort sind 75 Prozent der Menschen im Alter zwischen 55 und 64 berufstätig. Auch die Einstellung zur Arbeit verändert sich hierzulande: Etwa 40 Prozent der Beschäftigten würden gerne länger arbeiten, zeigt eine repräsentative Längsschnittstudie, die zwischen 2010 und 2015 Menschen zwischen 55 und 70 Jahren nach ihrer Lust und Absicht befragte, weiter beruflich tätig zu sein. Ihre Gründe fürs Arbeiten im Rentenalter: Spaß am Beruf und den sozialen Kontakten, aber auch die finanzielle Absicherung im Alter.

Wer früher einen Beruf ergriff, hat diesen meist bis zum Ende seines Arbeitslebens ausgeübt. Aber wir arbeiten heute immer länger und in einigen Berufen ist das körperlich gar nicht so einfach zu meistern. Da stellt sich die Frage, die viele Arbeitnehmer irgendwann umtreibt: Wie die Arbeit bis zur Rente gesund überstehen?Gute Antworten sind heute so wichtig wie nie zuvor. Denn zukünftig sollen die Deutschen bis zum Alter von 67 Jahren gesund und motiviert im Berufsleben stehen. Derzeit müssen Beschäftigte bereits bis sieben Monate nach ihrem 65. Geburtstag arbeiten, wenn sie die vollen Rentenbezüge erhalten möchten. Ab dem Jahrgang 1964 gilt dann bis auf wenige Ausnahmen: Büro oder Produktionshalle bis zum 67. Geburtstag.

Maßnahme, um den demografischen Wandel zu bewältigen

Die verlängerte Lebensarbeitszeit gilt als wichtigster Hebel, um den demografischen Wandel zu meistern. Zum einen verschwinden mit den Babyboomern – das sind die Geburtenjahrgänge von 1954 bis 1969 – viele Fachkräfte vom Arbeitsmarkt. Die spätere Rente soll sie und ihre Expertise in den Unternehmen halten. Zum anderen sollen die Rentenkassen entlastet werden. Denn während vor 50 Jahren vier Erwerbstätige auf einen Rentner kamen, sind es der Deutschen Rentenversicherung zufolge derzeit nur noch zwei. Zudem wird die Lebensphase „Rentner/-in“ immer länger: Während die Lebenserwartung 1960 noch 69 Jahre betrug, werden die Deutschen derzeit im Schnitt 80 Jahre alt – Tendenz steigend. Das ist für den Einzelnen ein Geschenk. Zum Albtraum wird es jedoch, betrachtet man es durch die Brille der Wirtschaftsexperten. Rentenexperten wie Axel Börsch-Supan finden die Forderung nach einer längeren Lebensarbeitszeit weder schlimm noch unangemessen. Der Direktor am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik und Berater der Bundesregierung in Rentenfragen betont, dass es folgerichtig sei, wenn die Menschen etwas länger arbeiteten, da sie doch immer länger lebten. Zwei Arbeitsjahre im Vergleich zu durchschnittlich 20 gewonnenen Lebensjahren findet er nicht viel.

Wie bleibt man gesund?

Aber wie geht es den Beschäftigten dabei? Ist arbeiten bis 67 tatsächlich realistisch? Oder kriecht man dann unausweichlich auf allen Vieren ins Rentenziel? Gibt es auf dem Arbeitsmarkt überhaupt Bedarf für Menschen jenseits der 50, ange­sichts von Digitalisierung und Arbeit 4.0?
Man muss es so klar sagen: Die wenigsten Beschäftigten teilen die Ansicht des Rentenexperten Börsch-Supan. Fast jeder Zweite glaubt einer Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes zufolge nicht, in seinem derzeitigen Beruf bis zur Rente zu kommen. Untersuchungen der Krankenkassen geben den Befragten recht: Jeder siebte Beschäftigte, der in Frührente geht, tut dies aus gesundheitlichen Gründen.
Die Arbeitspsychologin Frauke Jahn will genau das verhindern. Sie leitet die Abteilung Forschung und Beratung am Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung in Dresden. Sie will herausfinden: Was unterscheidet Berufstätige in belastenden Berufen, die sich mit 45 plus im Beruf noch fit und gesund fühlen, von denen, die um ihre Arbeitsfähigkeit fürchten? In mehreren Modellprojekten hat sie die Berufsverläufe von über 100 älteren Pflegern, Bauarbeitern, Reinigungskräften und Stahlarbeitern analysiert und mit Betriebsärzten sowie Rehabilitationsmanagern der jeweiligen Branchen gesprochen.
Jahn fand zwei zentrale Ansatzpunkte für langfristig gesunde Berufsverläufe. Ein großes Gesundheitsbewusstsein stand an erster Stelle: „Die Beschäftigten, die sich auch mit 45 noch fit fühlten, achteten im Alltag auf Sicherheit und Gesundheit, nutzten beispielsweise Hebehilfen, und sorgten in ihrer Freizeit für Ausgleich“. Im Gegensatz dazu zeichneten sich beispielsweise Bauarbeiter, die ab Mitte 40 unter körperlichen Beschwerden litten und ihre Arbeitsfähigkeit in Gefahr sahen, dadurch aus, dass sie in ihrer Freizeit am eigenen Haus werkelten, Arbeitsschutz lästig fanden und keinen Wert auf Gesundheitsvorsorge legten.

Entwicklungschancen bieten

Als zweiten wichtigen Gesundheitsfaktor erkannte Arbeitspsychologin Jahn die Bereitschaft zur Veränderung: „Der rechtzeitige Wechsel in andere Tätigkeiten oder einen neuen Beruf kann eine Alternative sein.“ Gesunde ältere Beschäftigte ergriffen Lerngelegenheiten und entwickelten sich beruflich weiter. So erschlossen sich ihnen mit der Zeit neue Tätigkeiten, meist sogar ein neues Berufsfeld.
Das Problem daran: „Nur eine Minderheit der Unternehmen führt spezifische und strukturierte Personalmaßnahmen durch, die Beschäftigte dabei unterstützen, auch in höherem Alter weiter gut im Beruf bestehen zu können“, sagt Götz Richter, Verantwortlicher für das Thema „Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit“ in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Auch die Akzeptanz der Generation Ü 50 am Arbeitsmarkt lässt zu wünschen übrig: „Obwohl es immer mehr Menschen in dieser Altersgruppe auf dem Arbeitsmarkt gibt, sind ihre Chancen, neu eingestellt zu werden, in den letzten Jahren kaum gestiegen“, schlussfolgert das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus einer Analyse von 2017, in die Daten von nahezu 28.000 Unternehmen eingeflossen waren. Dabei gaben Unternehmen, die Bewerber 50 plus einstellten, mehrheitlich an, dass sie sehr zufrieden mit deren Berufserfahrung und sozialer Integration waren.
Diese Schieflage ändern will Cornelia Schneider. Die Psychologin und Geschäftsführerin einer Unternehmensberatung zum betrieblichen Gesundheitsmanagement und demografischen Wandel berät seit 15 Jahren Firmen und Organisationen. „Wir brauchen eine neue Unternehmenskultur, in der Beschäftigte sich in jeder Lebensphase unterstützt und ernst genommen fühlen“. Was das heißt? Für sie gehören zu einer altersfreundlichen Unternehmenskultur nicht nur ergonomische Verbesserungen wie gutes Licht, große Schrift am PC oder Hebehilfen in körperlich fordernden Berufen. Viel wichtiger sei, dass ältere Beschäftigte noch berufliche Entwicklungschancen hätten, wie etwa Weiterbildungen für alle Altersklassen und Arbeitszeitmodelle, die Beschäftigten ermöglichen, Beruf, persönliche Entwicklung und Privatleben lebenslang in guter Balance zu halten. Dazu zählt das Sabbatical für die Weltreise ebenso wie die Eltern- oder Pflegeteilzeit. „Wir müssen lernen, über alle Lebensphasen hinweg mit den Ressourcen der Menschen in unseren Betrieben hauszuhalten“, sagt Schneider. Das gute Älterwerden fängt demnach schon bei den jungen Beschäftigten an. Doch Schneider gibt zu: „Der Prozess dauert Jahre. Die Vorstellungen vom idealen Arbeitnehmer und die Vorurteile gegenüber Älteren sitzen fest in den Köpfen.“

Vorurteile dominieren

Aufklärung tut not. Vor allem die Idee, dass mit dem Alter die Leistung automatisch absinke, ist längst widerlegt. Es stimmt zwar, dass die Reaktionsgeschwindigkeit, das Kurzzeitgedächtnis und das Lerntempo mit dem Alter nachlassen. Deshalb stecken ältere Beschäftigte Nachtschichten oder Tätigkeiten, die ununterbrochene Konzentration über lange Zeiträume erfordern, nicht mehr so gut weg. Es stimmt jedoch nicht, dass Ältere generell weniger leisten können – vorausgesetzt, sie arbeiten an den richtigen Aufgaben. Vor allem wenn es um komplexe Arbeiten geht, schneiden sie häufig sehr gut ab. Denn zum einen bringt ihnen die langjährige Erfahrung Vorteile; zum anderen blühen manche Gedächtnisfunktionen erst mit den Jahren auf, wie auch die Seattle Longitudinal Study zeigt. Sie unter­sucht bereits seit dem Jahr 1956 die kogni­tive Entwicklung Erwach­sener und kommt zu dem Urteil: Wortschatz, räumliches Vorstellungsvermögen und das Erkennen von Gesetzmäßigkeiten funktionieren mit Ende 50 besser als mit 25. In Projektplanung, Konzept­entwicklung und auch im Kundenkontakt liegen erfahrene Beschäftigte deshalb oftmals vorn.
Auch das Vorurteil, dass Ältere nichts Neues mehr lernen, kann die Wissenschaft nicht bestätigen. Denn der Tempoverlust im Lernen lässt sich ausgleichen, indem man sich einfach etwas mehr Zeit nimmt, um die neue Software zu verstehen. Wem es gelingt, neues Wissen mit Erfahrungswissen zu verknüpfen, erzielt sogar schnell enorme Lernzuwächse. Ältere Menschen lernen anders, aber genauso gut wie jüngere. Sie interessiert besonders Wissen, das an ihr bestehendes Know-how anknüpft. Wer bereits viel Lebenserfahrung hat, will lernen, um Dinge besser machen zu können, nicht um des reinen Wissens willen. Viele Weiterbildungsangebote seien jedoch noch nicht auf die ältere Zielgruppe zugeschnitten.

Die Erwartung von Schwäche demotiviert

Das Desinteresse an den älteren Beschäftigten und die negativen Altersbilder sind vielleicht die stärksten Zerstörer von Schaffenskraft. Anita Graf, Professorin für Human Resource Management an der Fachhochschule Nordwestschweiz, beschreibt beispielsweise drei typische Phasen, in denen sich eine berufliche Laufbahn entwickelt. Nach der Zeit der Einführung und des Wachstums folgt die dritte Phase der Reife. „Wenn in der Phase der Reife weitere Karriere- und Lernchancen ausbleiben, verfallen die eigenen Leistungsmöglichkeiten, und dies kann das Engagement am Arbeitsplatz senken.“
Auch der Wirtschaftspsychologe Jürgen Deller von der Leuphana-Universität in Lüneburg sieht in den Arbeitsbedingungen die wichtigste Stellschraube dafür, ob Menschen in Betrieben auch in späteren Jahren gute Leistung bringen können oder nicht. Er hat den Later Life Work Index entwickelt, einen Onlinefragebogen, der alle Facetten rund um altersgerechte Arbeit und demografiefreundliche Unternehmenskultur abfragt. Nach seinen Erfahrungen zerstören viele Firmen unwissentlich das Potenzial ihrer Belegschaft, indem sie nicht handeln. Das Betriebs­panel des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt, dass Firmen, die altersspezifische Personalmaßnahmen einführen, mit einer alternden Belegschaft produktiver werden, als sie vorher waren.
Wie sich eine ungünstige Firmenkultur auf Psyche und Performance auswirken kann, zeigte 2015 ein Experiment von Psychologinnen der Deutschen Sporthochschule Köln: Sie baten 40 Lagerarbeiter 50 plus vor einer Aufgabe, eine Art Wörterpuzzle zu lösen. Im Puzzle der einen Gruppe fanden sich viele positive Altersstereotype wie weise, aktiv oder erfahren. Im Puzzle der anderen Gruppe wurden negative Stereotype bedient, wie langsam oder gebrechlich. Nun kam die Aufgabe: Beide Gruppen sollten, so flott es ging, den Inhalt von Paketen mithilfe einer Packliste überprüfen. Die positiv eingestimmte Gruppe erledigte die Aufgabe signifikant schneller und besser. Warum ist das so? Aus der Hirnforschung ist bekannt, dass unsere Wahrnehmung und unser Verhalten durch unbewusste Reize extrem beeinflussbar sind. Wer ständig hört, dass er mit 50 weniger leistet als mit 30, wird genau das tun. Und umgekehrt: In einer Umgebung, die auch Menschen mit 50 oder 60 noch viel zutraut, steigt vermutlich die Leistung, folgern die Psychologinnen.

50-plus-Praktikanten

Eine positive Arbeitsatmosphäre, die Alt und Jung gleichermaßen ermöglicht, ihr berufliches Potenzial zu entfalten, ist deshalb der Anspruch von Sylvia Hütte-Ritterbusch. Mit ihrem Team hat die Leiterin der Demografie-Initiative MBC bei der Daimler AG eine Mitmachausstellung zum Thema Alter entwickelt. An interaktiven Stationen konnten Mitarbeiter ihr biologisches oder soziales Alter testen und erleben, wie negative Beeinflussung einem die Arbeitskraft raubt. „Manche Führungskraft hat erst in der Ausstellung gemerkt, dass sie Vorurteile hat“. „Altersgemischte Teams funktionieren am besten, wenn die Führungskraft offen und vorurteilsfrei gegenüber den verschiedenen Generationen ist“, resümiert Hütte-Ritterbusch hausinterne Erhebungen. Deshalb reflektieren Führungskräfte bei Daimler in Seminaren seit längerer Zeit ihre eigenen Vorurteile und lernen, wie es gelingt, die Beiträge aller Mitarbeiter bestmöglich im Team einzubringen. Parallel entwickelte der Konzern einen Fragebogen, mit dessen Hilfe jeder Firmenstandort ganz konkrete Ziele in Hinblick auf ein ganzheitliches Demografie-Management entwickelt hat und derzeit umsetzt.
Beim Handelsunternehmen Otto haben sich die Beschäftigten Ü 50 selbst Gehör verschafft. Im Netzwerk „Experienced“ diskutieren sie über notwendige Veränderungen. „Für uns in der Personalabteilung sind das wertvolle Impulse“, erklärt André Strunz. Auf Anregung des Netzwerkes wurden beispielsweise Persönlichkeitstrainings etabliert, die speziell auf erfahrene Beschäftigte zugeschnitten sind und ihnen helfen, sich auch nach Jahren auf dem gleichen Posten noch etwas Neues zuzutrauen. Ältere, die einen Wechsel wagten, stellen sich und ihren Werdegang im Intranet vor, um anderen Mut zu machen. Über eine spezielle Hospitationsplattform können 50-plus-Praktikanten in neue Arbeitsbereiche reinschnuppern.
Von spontanen Jobwechseln oder einer zusätzlichen Ausbildung, weil man sich aktuell langweilt, raten Coaches wie Hans-Georg Willmann allerdings ab. Er berät viele Klienten in Umbruchsituationen. Der Psychologe weiß, dass jeder Wandel erst einmal viel Kraft erfordert. Sein Credo: „Wer seine berufliche Laufbahn in eine neue Richtung lenken möchte, muss seine Bedürfnisse und Kompetenzen kennen – und nach der Schnittmenge mit dem Arbeitsmarkt schauen.“ In 99% der Fälle gelinge es nur durch den realistischen Abgleich zwischen dem, was man sich wünscht, und dem, was man mitbringt, eine gute berufliche Perspektive zu entwickeln. Sein wichtigster Rat an seine Klienten: Die bisherigen Erfahrungen sollten auch in den neuen Beruf einfließen.

Von den Maschinen zu den Menschen

Besondere Beachtung verdienen dabei die übertragbaren Fähigkeiten wie Führungserfahrung, Kommunikationsfähigkeiten, kritisches Denken oder auch Fertigkeiten in Analyse und Organisation. Denn diese könne man leicht in andere Arbeitsbereiche transferieren. Eine Mitarbeiterin aus dem Kundenservice, die sich gut in Kunden einfühlt und organisieren kann, könnte diese Fertigkeiten beispielsweise in einer Beratungs­tätigkeit oder einer Leitungs­funktion neu und gewinnbringend einsetzen. „So werden Berufsverläufe möglich, die einen roten Faden haben, persönlich sehr befriedigend sind und häufig auch zu höherer Qualifizierung führen“, so Willmann.
Auch für den Metaller Gerd Duffke waren seine übertragbaren Fähigkeiten die leitende Schnur, die ihn schließlich in die Personalabteilung führte. Einmal im Tritt der Veränderung, beschritt er nach der ersten Umschulung alle paar Jahre neue berufliche Wege, die ihn weg von den Maschinen und hin zu den Menschen führten: Er engagierte sich einige Zeit im Betriebsrat und wechselte schließlich mit 53 Jahren in die Personalentwicklung. Seine Aufgabe heute: innovative Konzepte für ältere Mitarbeiter entwickeln, um sie länger in Arbeit zu halten. „Da kommt mir zugute, dass ich das ja alles selbst erlebt habe“, sagt Duffke. 2014 initiierte er das Programm „Fit for Service“, eine Weiterbildung für ältere Servicetechniker, die ihnen helfen soll, neue berufliche Rollen zu erschließen, beispielsweise als Installationsberater für den Aufbau der Maschine beim Kunden oder als Trainer für die Nutzer der Maschine. „Aus dem ersten Projektanlauf sind heute fast alle Teilnehmer noch dabei, inzwischen alle weit über 60“, resümiert Duffke. Gerade sei der erste Kollege mit 65 in den Ruhestand gegangen – und arbeite nun als freier Serviceberater: „Er fühlt sich gesund und hat Lust weiterzuarbeiten.“ Das „Fit for Service“-Projekt ist mittlerweile preisgekrönt. Laut Gerd Duffke lohnt es sich auch für das Unternehmen, weil die neuen Dienstleistungen, die die erfahrenen Mitarbeiter den Kunden bieten, auch neue Verdienstmöglichkeiten für Trumpf bedeuten. Der nächste Lehrgang läuft bereits.
Warum solche Initiativen bislang Einzelfälle sind? „Dafür muss sich in den Unternehmen jemand Gedanken machen. Und dafür gibt es bisher noch zu wenig Interesse und Ressourcen“, vermutet Duff­ke. „Man findet solche Möglichkeiten vermutlich in jedem Betrieb, wenn man wirklich nachdenkt“, sagt der einstige Junge von der Schwäbischen Alb, der sich zum Personaler mit Weitblick entwickelte.

Erfolgreich im beruflichen Wandel

  • Eigeninitiative. Werden Sie selbst aktiv, schauen Sie nach Entwicklungsmöglichkeiten für sich selbst.
  • Persönliche Flexibilität. Lassen Sie sich auf neue Menschen und Arbeitssituationen ein. Versuchen Sie, Vorurteile abzulegen.
  • Lernchancen. Sei es das neue Computerprogramm oder die Einarbeitung einer Kollegin – trauen Sie sich, neue Tätigkeiten auszuprobieren.
  • Zusatzqualifikationen. Sie sind wichtig, denn sie dokumentieren Ihre berufliche Entwicklung und ermöglichen neue Karrierewege.
  • Nachteile akzeptieren. Beim Wechsel zugunsten der eigenen Entwicklung und Gesundheit kann es sein, dass Ihr Gehalt niedriger ausfällt, etwa weil Schichtzuschläge oder Boni wegfallen. Häufig führt ein Wechsel langfristig jedoch zu höherer Qualifizierung und mehr Gehalt.
  • Rückhalt im Unternehmen. Ob beim direkten Vorgesetzten, der Personalabteilung oder auch beim Betriebsarzt: Sprechen Sie im Unternehmen aktiv die Personen an, die Ihr Anliegen unterstützen könnten.
  • Mit Familie und Freunden. Berufliche Veränderung ist immer fordernd. Besonders in der Umbruchphase ist es wichtig, dass Familie und Freunde hinter Ihnen stehen und Sie stärken.

 

 

Quellen:
  • Susanne Bartel: Arbeit-Gesundheit-Biographie. Gesundheitsbedingte Neuorientierungsprozesse im Erwerbsleben. Transcript, Bielefeld 2018
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Dritter Bericht der Bundesregierung gemäß §154 Absatz 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch zur Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre. 28.11.2018. Online abgerufen am 8.4.2019: https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Thema-Rente/bericht-anhebung-regelaltersgrenzen.pdf?__blob=publicationFile&v=3
  • Bundesverband Deutscher Berufsförderungswerke: Erwerbsläufe präventiv gestalten. Der Beitrag frühzeitiger Tätigkeitswechsel. Berlin 2019. Online abgerufen 8.4.2019: https://taetigkeitswechsel.de/wp-content/uploads/2019/03/TErrA-Abschlussbroschüre.pdf
  • Judith Czepek, Andreas Moczall: Neueinstellung Älterer. IAB-Kurzbericht 2017, 8, 1-8.
  • Jürgen Deller u.a.: Personalmanagement im demografischen Wandel: ein Handbuch für den Veränderungsprozess. Springer, Berlin 2008
  • Anita Graf: Die zweite Hälfte des beruflichen Lebenszyklus erfolgreich gestalten. TOP-Arbeitgeber der Nordschweiz, Themenbeilage Aargauer Zeitung, Basler Zeitung, Basellandschaftliche Zeitung, vom 22. 3. 2018. Abgerufen am 8.4.2019: https://www.finnova.com/files/finnova_template/files/jobs/AZ_Beilage_Februar2016/Arbeitgeber_Finnova_2018.pdf
  • Hans-Böckler-Stiftung: Den demografischen Wandel bewältigen. Die Schlüsselrolle des Arbeitsmarktes. IMK Report, 137, 1-18, Düsseldorf 2018
  • Frauke Jahn, Sabine Ulbricht: Mein nächster Beruf. Personalentwicklung für Berufe mit begrenzter Tätigkeitsdauer. Teil 1: Modellprojekt in der stationären Krankenpflege. iga-Report, 17, Teil 1, 2011, 1-51. Online abgerufen 8.4.2019: https://www.iga-info.de/fileadmin/redakteur/Veroeffentlichungen/iga_Reporte/Dokumente/iga-Report_17_1_Mein_naechster_Beruf_Krankenpflege.pdf)
  • Götz Richter u.a.: Produktionsarbeit in Deutschland – mit alternden Belegschaften. Erich Schmidt, 2017 Berlin
  • Ralf Schmucker: Arbeitsfähig bis zur Rente? DGB-Index gute Arbeit kompakt, 6, 2016, 1-4. Online abgerufen 8.4.2019:https://index-gute-arbeit.dgb.de/++co++363b2710-c121-11e6-bd66-525400e5a74a
  • Cornelia Schneider, Lisa Juliane Schneider: Reife Leistung. Souverän und gesund arbeiten in jeder Lebensphase. Herder, Freiburg 2017
  • Karlheinz Sonntag, Nadine Seiferling: Potenziale älterer Erwerbstätiger. Erkenntnisse, Konzepte und Handlungsempfehlungen. Hogrefe, Göttingen 2017
  • Sabine Ulbricht, Frauke Jahn: Mein nächster Beruf. Personalentwicklung für Berufe mit begrenzter Tätigkeitsdauer. Teil 2: Modellprojekt im Straßen- und Tiefbau. Iga-Report, 17, Teil 2, 2010, 1-52.
  • Statistisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch. Wiesbaden 2018
  • Klaus Warner Schaie: The Seattle Longitudinal Studies of Adult Intelligence: A 21-year-exploration of psychometric intelligence in adulthood. Longitudinal studies of adult psychological development. 64-135, Guilford Press New York
  • Klaus Warner Schaie: Intellectual Development in Adulthood: The Seattle Longitudinal Study. Cambridge University Press, Cambridge 1996
  • Hans-Georg Willmann: Durchstarten mit 50 plus. Wie Sie Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt nutzen. Campus, Frankfurt am Main 2018
  • Anne Marit Wöhrmann u.a.: Complementing AAI at the Meso Level: The Silver Work Index. In: A. Zaidi, S. Harper, K. Howse, G. Lamura & Perek-Bialas (Hg.) Building evidence for active ageing policies: Active Ageing Index and its Potential. 75-94, Palgrave Macmillan, Singapore, 2018.
  • Hanna Zieschang, Sanja Zec: Wegweiser Berufsumstieg: gesund bis zur Rente durch einen frühzeitigen Berufswechsel. IAG Report 2, 2015, 1-28.
  • Psychologie heute 2019/07

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