Das Digitalisierungszeitalter
„Wer in exponentiellen Zeiten seine Leistung nur schrittweise verbessert, fällt exponentiell zurück“ – so ein Zitat von Curt Carlson, CEO des Stanford Research Institute. Unter exponentiellen Zeiten kann man dabei durchaus auch das „Digitalisierungszeitalter“ verstehen, in dem wir leben. Wer den Begriff Digitalisierung am 24.04.2018 googelte, erhielt circa 13.700.000 Ergebnisse, wohingegen per 22.08.2018 bereits 15.500.000 Ergebnisse verzeichnet waren. Ein Anstieg, den man durchaus als exponentiell bezeichnen kann. Es scheint, als sei Digitalisierung ein allgegenwärtiger Megatrend, der sich nahezu auf alle Bereiche des Privat- und Wirtschaftslebens auswirkt und dessen Ende nicht absehbar ist. Dabei erfasst der damit einhergehende Strukturwandel die Wirtschaftsunternehmen in unterschiedlicher Geschwindigkeit. So ist der Transformationsprozess „in der Unterhaltungs- und Kommunikationsindustrie sowie im Handel bereits vergleichsweise weit fortgeschritten. Unternehmen wie Apple oder Amazon haben hier neue Maßstäbe gesetzt und durch disruptive Innovationen die Marktführerschaft erlangt“ (Anderl, 2016, S. 1). Auch hat die Digitalisierung in der Industrie Einzug gehalten. Der Begriff „Industrie 4.0“ ist das Schlagwort in diesem Zusammenhang.
Digitalisierung im Bankensektor
Aber auch den Bankensektor hält die Digitalisierung auf Trab. Wie die Studie „Digitalisierung“ aus der Studienreihe banking insight von msgGillardon (2017) zeigt, stellt die „Digitalisierung – direkt nach den anhaltenden Niedrigzinsen – die zweitgrößte Herausforderung für die Institute dar. Damit liegt sie gleichauf mit dem Kostendruck und noch vor schärferen Regulierungsvorhaben und einem intensiveren Wettbewerb. Doch die Mehrheit der Institute sucht noch nach ihrer digitalen Positionierung und dem richtigen Transformationsansatz“, so dass der Bankenbranche in naher Zukunft ein großes Digitalisierungspotential prophezeit wird.
Der Digitalisierungsbegriff
Aber was genau ist eigentlich mit dem Schlagwort Digitalisierung gemeint? Während die einen mit Digitalisierung die „Umwandlung“ von analogen in digitale Formate mit dem Ziel, digitale Informationen zu speichern, zu verteilen und zu verarbeiten meinen, verstehen andere unter Digitalisierung die „Digitale Revolution“, also die durch die Digitalisierung ausgelösten Veränderungsprozesse in Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur, Bildung und Politik (Litzel, 2017). Wieder andere verstehen unter Digitalisierung die „Digitale Transformation“, also „den durch Informationstechnologien hervorgerufenen Wandel“ (Hess, 2016). Kurz gesagt: Es existiert zurzeit noch keine allgemein gültige Definition in der Literatur.
Forschungsergebnisse
Die fehlende Definition des Digitalisierungsbegriffs in der Literatur war Anlass genug, dass ich im Rahmen einer Forschungsarbeit der Frage nachgegangen bin, ob es in der Bankenbranche ein eindeutiges Verständnis dessen gibt, was Digitalisierung im Arbeitskontext bedeutet, wenn es schon der Zukunftstrend der Branche sein soll?
In Beantwortung der Frage nach der einheitlichen Definition des Begriffes Digitalisierung im Arbeitskontext von Banken haben 10 Probanden insgesamt 24 Aussagen/Definitionen zu Protokoll gegeben.
Sowohl die Anzahl von im Durchschnitt 2,4 Definitionen pro Proband als auch die Diversität der Antworten stützen klar die Annahme, dass Mitarbeiter/innen im Bankensektor kein einheitliches Verständnis davon haben, wie Digitalisierung in ihrem Arbeitskontext definiert ist.
Fazit
Was aber bedeutet es für die Branche, wenn den Mitarbeitern/-innen unklar ist, was unter Digitalisierung zu verstehen ist? Schon die biblische Erzählung des Turmbaus zu Babel veranschaulicht, dass es unmöglich ist, ein Projekt zu beenden, wenn man keine einheitliche Sprache spricht. Ebenso scheint schwer vorstellbar, dass die Bankenbranche das Megaprojekt Digitalisierung stemmen kann, wenn das gemeinsame Grundverständnis dafür fehlt. Sicherlich steht der einheitlichen Branchendefinition auch die heterogene Zusammensetzung des Sektors aus Großbanken, Privatbanken, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen im Weg. Angesichts der Ergebnisse meiner Forschungsarbeit ist die Branche jedoch gut beraten, zukünftig klar zu definieren, was sie unter Digitalisierung versteht und dies entsprechend an die Mitarbeiter/-innen zu kommunizieren.
Anmerkung: Im nächsten Artikel folgen weitere Erkenntnisse im Rahmen meiner Forschungsarbeit zum Thema Digitalisierung und Stressempfinden im Bankensektor.